RheumaPreis 2025

Im Folgenden stellen wir Ihnen die aktuellen sowie die Preisträger der vergangenen Jahre vor. Klicken Sie auf die Jahreszahl oder die Person, um mehr über unsere Preisträger zu erfahren.

Swetlana Medwedev

Swetlana Medwedev: „Die Freude am Leben ist wichtig, habt Spaß bei der Arbeit und sucht euch ein Hobby, das euch wirklich erfüllt!“

Swetlana Medwedev ist eine leidenschaftliche Tänzerin. Ob südamerikanische Tänze, spanischer Flamenco, indischer Bollywood-Tanz oder arabischer Bauchtanz – im Kreise ihrer 10-köpfigen Tanzgruppe blüht die 43-Jährige förmlich auf. „Die farbenfrohen, glitzernden Kostüme, die Musik, die Bewegung und das Gesellige bringen mich zum Strahlen und geben mir unglaublich viel Energie“, erzählt Swetlana Medwedev, die heute im nordrhein-westfälischen Marl wohnt.

Doch das war nicht immer so. Sie hat einen langen, schmerzhaften und folgenschweren Weg hinter sich. Denn ihre Krankheit ist ein wahrer „Energievampir“, wie sie sagt. Swetlana Medwedev bekam im Alter von knapp 25 Jahren Schmerzen in der Hüfte, die schnell so stark wurden, dass sie in die Notaufnahme eines Krankenhauses in Bayern kam. Dort bescheinigte man ihr eine Ischialgie, also einen Schmerzzustand, der vom gereizten Ischiasnerv hervorgerufen wurde, und empfahl Ruhe und Schmerzmittel. Die starken Schmerzen kamen im weiteren Verlauf schubweise wieder; inzwischen betrafen sie nicht mehr nur die Hüfte, sondern auch die Wirbelsäule. „Vier Jahre lang lebte ich nur noch, um zu funktionieren“, erzählt Swetlana Medwedev. „Während der immer wiederkehrenden Schmerzschübe zwang ich mich morgens aufzustehen und meinen 8-Stunden-Arbeitstag irgendwie zu überstehen.“ Mehrmalige Besuche bei Orthopäden brachten keine Verbesserung. Schließlich bestand die junge Frau auf eine Untersuchung im MRT. Die Magnetresonanztomografie ergab den Verdacht auf Spondylitis ankylosans, auch Morbus Bechterew genannt. Die rheumatische Erkrankung äußert sich vor allem in Form von chronisch-entzündlichen Veränderungen an der Wirbelsäule und den Iliosakralgelenken. Sie kann aber auch weitere Gelenke sowie gelegentlich innere Organe betreffen. Zusätzliche Untersuchungen an einer Klinik konnten den Verdacht bestätigen. Im Alter von 29 Jahren erhielt Swetlana Medwedev nun ihre Diagnose und somit auch die entsprechende Medikation.

Die Patientin hatte nun die Gewissheit, an einer unheilbaren Krankheit zu leiden, die mit jedem Schub fortschreiten würde. Auch wenn die Medikamente ihre Schmerzen meistens in Schach hielten, so brauchte sie dennoch viel länger, um bestimmte Dinge zu erledigen oder kam später zur Arbeit. Manchmal konnte sich Swetlana Medwedev morgens gar nicht aus dem Bett quälen und musste sich krankmelden. Bei ihrer damaligen Arbeitsstelle traf sie auf wenig Verständnis. Es kamen Reaktionen wie: „Bist du dir sicher mit der Diagnose? Das bekommen doch nur ältere Menschen.“ Das verunsicherte die junge Frau, sie zog sich immer mehr zurück und sprach nicht mehr über ihre Erkrankung. Mit etwa 32 zog sie schließlich von Bayern nach Nordrhein-Westfalen und suchte sich eine Rheumapraxis vor Ort. Der Facharzt dort stellte ohne weitere Erklärungen ihre Medikamente um. Ihr Zustand verschlechterte sich daraufhin kontinuierlich; inzwischen schluckte sie bis zu vier Tabletten eines starken Schmerzmittels täglich. „Zu der Zeit konnte ich nur noch in Teilzeit arbeiten und stellte einen Antrag auf Schwerbehinderung“, berichtet Swetlana Medwedev. „Oft lag ich morgens weinend im Bett, verzweifelt vor lauter Schmerzen. Im Büro habe ich mich wie eine Greisin die Treppen hochgezogen.“ Eine Freundin schlug ihr schließlich vor, einen Reha-Aufenthalt zu beantragen.

In der Rehaklinik kam dann der nächste Rückschlag: Man teilte der Patientin mit, dass ihr Rheumatologe die Diagnose und somit auch die Therapie kommentarlos auf eine Fibromyalgie geändert hatte. „Nun wusste ich, warum es mir kontinuierlich schlechter ging“, sagt Swetlana Medwedev. Die falsche Behandlung war am Fortschreiten ihres Morbus Bechterew deutlich zu sehen. „Meine Wirbelsäule wies inzwischen schon Verknöcherungen auf und meine Leberwerte waren sehr schlecht.“ Am Rheumazentrum Ruhrgebiet in Herne wurde die Behandlung wieder auf Morbus Bechterew umgestellt und die Patientin bekam Biologika, um die Entzündungsaktivität zu reduzieren. Durch die richtige Dosierung und Häufigkeit der Medikamente kam die Verknöcherung der Wirbelsäule zum Stillstand, auch die Leberwerte wurden wieder besser. Und Swetlana Medwedev fand einen neuen Arbeitgeber: Die A&K Die Frische Küche GmbH suchte eine Assistentin in der Personalabteilung und legt großen Wert auf die Gleichbehandlung aller Bewerber und Bewerberinnen. „Ich habe in meinem Vorstellungsgespräch sehr offen von meiner Erkrankung und den damit verbundenen Beeinträchtigungen erzählt“, so Swetlana Medwedev.

Melissa Pracht, HR-Managerin bei A&K Die Frische Küche, war fachlich und persönlich überzeugt von Swetlana Medwedev. „Und eine offene und wertschätzende Kommunikation sehen wir bei A&K Die Frische Küche als Schlüssel zur erfolgreichen Zusammenarbeit“, sagt sie. „Wir haben dann gemeinsam mit Frau Medwedev besprochen, wie wir ihre Arbeitszeiten möglichst flexibel halten und bei Bedarf auch kurzfristig an ihre gesundheitlichen Einschränkungen anpassen können.“ Es gebe einen Dienstplan, in den Swetlana Medwedev beispielsweise Arzt- und Physiotermine oder die regelmäßigen Kontrollen in der Rheumaklinik eintragen könne. „So wissen alle, wenn ich nicht verfügbar bin, und haben auch vollstes Verständnis dafür“, berichtet die Patientin. Dank Gleitzeit könne sie ihre Arbeitszeit außerdem an potenzielle Beschwerden am Morgen anpassen. An schlechten Tagen könne sie auch ganz zu Hause bleiben. Außerdem bekam sie einen höhenverstellbaren Schreibtisch und einen besonderen, auf sie eingestellten Bürostuhl. Sie erfuhr zudem, dass es aufgrund ihrer Schwerbehinderung möglich ist, vom LWL-Inklusionsamt Arbeit einen Zuschuss zur Arbeitsplatzgestaltung zu erhalten.

Heute könne Swetlana Medwedev wieder offen über ihre Krankheit sprechen. Sie habe einen tollen Arbeitgeber, tolle Kollegen und endlich wieder Spaß am Arbeiten. „Ich fühle mich wieder wie ein richtiger Mensch! Aber es ist wichtig, dass man eine solche Krankheit erklärt“, rät die Patientin. Das Verständnis für die Erkrankung beginne bei sich selbst. Man könne nicht erwarten, dass alle Mitmenschen die Krankheit ohne Erklärung verstehen und akzeptieren. Jeder Mensch habe eine andere Vorstellung von Rheuma, zumal es viele Arten von Rheuma gibt. „Ich nehme Aussagen wie `Doch nicht in deinem Alter´ oder `Man sieht doch nichts´ heute nicht mehr persönlich“, sagt Swetlana Medwedev. „Ich kläre die Menschen auf.“

Was auch viele Patienten und Patientinnen mit einem Morbus Bechterew selbst nicht wüssten, sei die Relevanz von Bewegung. „Oft mache ich abends noch einen Spaziergang, auch wenn ich Schmerzen habe“, berichtet Swetlana Medwedev. „Das bringt mir enorme Erleichterung und verringert meinen Schmerzmittelbedarf.“ Sie ginge außerdem zum Walken, ins Schwimmbad und in die Sauna – vor allem aber jede Woche zum Tanzen. „Das fördert zum einen die Beweglichkeit meiner Wirbelsäule und verändert zum anderen meinen Blickwinkel: weg vom Kranksein, hin zu verschiedenen Choreografien, die wir einüben, und zu meinen Tanz-Freundinnen.“ Es lenke nicht nur ab von gesundheitlichen Problemen, sondern hielte den Kopf agil und schenke unglaublich viel Energie und Lebensfreude. „Dank dem Tanzen, korrekten Medikamenten und meiner jetzigen Arbeitsstelle brauche ich in manchen Monaten gar keine Schmerzmittel mehr – und ich liebe mein Leben wieder!“

„Ich kann nur allen Betroffenen raten: Seid bei Vorgesetzten und im Kollegenkreis offen und ehrlich und erklärt, welche Probleme ihr habt. Und ganz wichtig: sucht euch unbedingt ein Hobby, das euch Spaß macht! Dann fixiert man sich nicht mehr nur auf die Erkrankung, man spricht mit anderen nicht nur über Symptome oder Medikamente, sondern genießt die gemeinsame Aktivität. Das verbindet und schenkt ganz viel neue Energie.“

Swetlana Medwedev

„Für uns als Arbeitgeber ist es ein sehr großes Kompliment von Frau Medwedev, dass sie sich für den RheumaPreis beworben hat und unsere Unterstützung wünscht. Das ist eine tolle Gelegenheit, uns anderen Unternehmen als Vorbild für die erfolgreiche Integration von Menschen mit besonderen Herausforderungen zu zeigen.“

Melissa Pracht, HR-Managerin A&K Die Frische Küche GmbH

Sabine Perone-Morina

Sabine Perone-Morina: „Es gibt so viele wichtige Ansprechpartner und Hilfsangebote, im Unternehmen, privat und von staatlicher Seite her – wir müssen die Hilfe nur annehmen.“

Sabine Perone-Morina liebt gutes Essen, das Kochen und alles, was dazu gehört. Und sie liebt das Meer, die Wärme der Sonne und das Reisen. Vor allem aber liebt sie ihre Familie, ihren liebevollen Ehemann und ihren kleinen 6-jährigen Sohn. Sie alle bringen die Italienerin zum Strahlen, machen sie lebendig und geben ihr den nötigen Rückhalt.

„Mein Mann ist mein Seelenverwandter, er steht immer voll hinter mir, unterstützt mich, gibt mir Mut, zieht mich wieder hoch“, erzählt Sabine Perone-Morina. „Gerade im Moment der Diagnose fiel ich in ein unglaublich tiefes Loch.“

Erst seit 2021 weiß die sympathische 46-Jährige, dass sie unter einer systemischen Sklerose leidet. Dabei handelt es sich um eine seltene Autoimmunerkrankung. Ihr Immunsystem greift das eigene gesunde Bindegewebe an; neben der Haut, den Blutgefäßen und den Gelenken sind davon auch die inneren Organe betroffen. Sabine Perone-Morina berichtet über eine sehr harte, verdickte Haut, über schmerzhafte Verkrampfungen an den Händen und über steife Gelenke. Gleichzeitig verändert sich gesundes, elastisches Lungengewebe durch Verdickungen und Vernarbungen zu unelastischem Bindegewebe, was zu Atemnot und Husten führt. „Ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen sehr anspruchsvollen, mitunter auch stressigen Job als Assistentin der Geschäftsleitung bei Vorwerk Services GmbH in Wuppertal“, erzählt Sabine Perone-Morina. Gleichzeitig hatte sie ihren damals erst 2-jährigen Sohn zu Hause und ihre Eltern wurden pflegebedürftig. „Und da erzählten mir die Ärzte von meiner Erkrankung, die nicht heilbar ist und mir noch eine Lebenserwartung von etwa zehn Jahren gab. Das riss mir erst einmal den Boden unter den Füßen weg.“ Sabine Perone-Morina benötigte für etwa sechs Monate psychologische Betreuung und lernte, die Krankheit anzunehmen, aber nicht nur noch daran zu denken und sich herunterziehen zu lassen.

Währenddessen musste die damals 41-Jährige immer wieder zu Untersuchungen und Behandlungen ins Krankenhaus. Da ihre Erkrankung das Bindegewebe betrifft, wird sie zu den rheumatischen Krankheiten gezählt und vor allem im Rheumazentrum Herne und in der Hautklinik des Helios Klinikum in Wuppertal behandelt. Alle sechs Monate muss die Patientin außerdem zur Kontrolle in die Universitätsklinik in Köln. Aufgrund ihrer Schmerzen fiel Sabine Perone-Morina an ihrer Arbeitsstelle bei Vorwerk Services immer wieder aus. „Das fiel unserer Betriebsratsvorsitzenden Sina Hoppe auf, und sie kam auf mich zu und bot mir eine Stelle als Assistentin des Betriebsrates an“, erzählt sie. Seither ist Sabine Perone-Morina auch als ordentliches Mitglied im Betriebsrat für Themen rund um Mitbestimmung, Inklusion und Gesundheit im Betrieb zuständig sowie als Schwerbehindertenbeauftragte tätig. „Vorwerk versteht sich grundsätzlich als Familienunternehmen, das Inklusion lebt und fördert“, sagen Clemens Oldhafer, Legal Counsel, und Anabelle Längler, Human Resources Expert bei Vorwerk Services. „Wir haben die fachliche Expertise und die persönliche Bereicherung unserer Mitarbeiterin zu keiner Zeit in Frage gestellt. So wollten wir sie unabhängig von ihrer Diagnose auch in unserem Unternehmen halten.“

Sabine Perone-Morina weiß die Unterstützung ihres Arbeitgebers sehr zu schätzen. „Meine Vorgesetzte achtet auf mein Wohlergehen, zeigt mir, dass ich ihr wichtig bin, sie achtet auf regelmäßige Pausen“, erzählt sie. „Ich habe auch einen extra leichten Laptop bekommen und sogar einen Parkplatz ganz vorne, um nicht so weit laufen zu müssen.“ Die Möglichkeit, zwischen 6 und 22 Uhr flexibel in Gleitzeit zu arbeiten, mache ihr das Managen der Therapietermine leichter. Gerade bei nass-kaltem Wetter seien Schmerzen außerdem ein großes Problem, da könne sie problemlos aus dem Homeoffice arbeiten. „Ich konnte somit sogar von 35 auf 40 Wochenstunden aufstocken“, so Sabine Perone-Morina. Auch ihre Kollegen und Kolleginnen seien sehr hilfsbereit und unterstützten sie bestmöglich. „Wichtig ist, offen über Probleme zu sprechen und Hilfsmöglichkeiten auch anzunehmen.“ Sie habe außerdem gelernt, dass es neben der Vorgesetzten sowie den Kollegen und Kolleginnen auch weitere wichtige Ansprechpartner gebe, die chronisch Kranken das Leben und die Berufstätigkeit immens erleichtern könnten. So gäbe es bei der Vorwerk Gruppe beispielsweise eine sehr engagierte Werksärztin, die immer ein offenes Ohr für die Anliegen aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen habe. „Ich habe regelmäßig Kontakt zu ihr“, sagt die Patientin. „Dr. Antje Kischk kennt zum Beispiel verschiedene Rehamöglichkeiten, verfügt über direkte Kontakte zu Fachkliniken und hat Erfahrungen mit Anträgen bei Krankenkassen oder Mutter-Kind-Kuren.“ Sie selbst hatte beispielsweise zuvor ein Jahr damit gehadert, ihren Schwerbehindertenausweis beim Arbeitgeber abzugeben. Dabei ermögliche er viele Vorteile, auch für das Unternehmen. Rund um dieses Thema könnten Betriebsärzte ebenfalls wichtige Informationen und Hilfestellung geben.

Viele Unternehmen hätten außerdem Schwerbehindertenbeauftragte oder Beratungen im Gesundheitsbereich, die hilfreiche Anlaufstellen darstellten. „Und wenn ein Arbeitgeber keine solchen eigenen Hilfsangebote bietet, gibt es zahlreiche Sozialberatungen von staatlicher Seite aus oder über Verbände wie der Rheuma-Liga.“ Heute ist auch Sabine Perone-Morina selbst eine solche wichtige Ansprechpartnerin in ihrem Unternehmen. Sie macht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Mut und schenkt Zuversicht. Sie sucht mit ihnen gemeinsam engagiert und empathisch nach Lösungen. Sie kümmert sich um Projekte rund ums Gesundheitsmanagement und hilft bei Anträgen oder der Wiedereingliederung.

„Meine Arbeit tut mir gut, ich könnte nicht nur daheimbleiben. Es tut mir gut, anderen zu helfen, mit schweren Situationen umgehen zu können“, sagt Sabine Perone-Morina. Ihr Motto sei stets: Wenn einem etwas im Leben nicht guttut, dann müsse man es verändern. Auch im Beruf gäbe es dann immer irgendeine Möglichkeit der Veränderung, einen neuen Weg und eine Lösung. Ihr Arbeitgeber, vertreten durch Clemens Oldhafer und Anabelle Längler, weiß ebenfalls die Einschätzung und die Ideen der 46-Jährigen, insbesondere rund um die Themen Inklusion und Gesundheit, sehr zu schätzen. „Denn uns ist es stets wichtig, solche Maßnahmen zu ergreifen, die den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen individuell helfen und deren Gesundheit fördern.“

Bei aller Liebe zum Beruf genießt Sabine Perone-Morinas aber auch ihre Auszeiten mit der Familie – beim gemeinsamen Kochen und vor allem natürlich beim Reisen. „Ich schöpfe besonders viel neue Kraft, wenn wir in den Süden ans Meer fahren. Meine Mutter hat mir früher viel von unserer Heimat Italien gezeigt, das möchte ich auch gerne mit meinem Sohn tun.“ Im Urlaub bräuchte sie nicht einmal Schmerztabletten, da ginge es ihr einfach richtig gut.

„Ich fühle mich trotz Erkrankung sehr wohl und kann ohne Sorgen 40 Stunden in der Woche meiner Arbeit nachgehen, die Zeit dabei flexibel einteilen und für die Kolleginnen und Kollegen viel im Gesundheitsbereich erreichen. Auch kann ich meine Erfahrungen mit Ämtern und verschiedenen Anträgen weitergeben. Durch meine positive Einstellung und mein Verhalten möchte ich anderen Mut machen, mit schweren Situationen gut umgehen zu können.“

Sabine Perone-Morina

„Sabine Perone-Morina gelingt es, mit ihrer Erkrankung offen umzugehen und so Mut und Zuversicht an die Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben, die mit ihren Erkrankungen und körperlichen oder seelischen Einschränkungen gegebenenfalls zunächst persönlich überfordert sind, sich hilflos fühlen oder nach Lösungen suchen.“

Clemens Oldhafer, Legal Counsel, und Anabelle Längler, Human Resources Expert, bei Vorwerk Services GmbH

 

Carlotta Wolke

Carlotta Wolke: „Optimismus! Denn die Psyche ist enorm wichtig – fürs Immunsystem und gegen das Fortschreiten der Krankheit“

Für Carlotta Wolke aus Warendorf gibt es eigentlich kein „Leben ohne chronische Erkrankung“. Denn seit ihrem vierten Lebensjahr begleitet sie schon ihre rheumatische Arthritis, die sich hauptsächlich in Form von Schmerzen in den Fingern und Händen sowie ihren Füßen zeigt. „Ich habe keine Erinnerungen an die Zeit vor den Symptomen, somit vermisse ich auch keine alten Zeiten“, sagt die heute 27-Jährige. „Vielleicht ist das auch der Grund für meine positive Denkweise.“ Und dieser Optimismus steckt förmlich an, wenn die junge Frau über ihre Geschichte berichtet.

Es begann im Kindergartenalter, als die kleine Carlotta bei einem Singspiel im Kreis die anderen Kinder nicht an den Händen halten wollte und über Schmerzen klagte. Auch im Schwimmkurs fiel auf, dass sie sich „anders bewegte“, als die anderen Kinder. „Da in unserer Familie bereits rheumatische Erkrankungen vorlagen, bekam ich meine Diagnose recht schnell und ich wurde sehr früh gut behandelt“, berichtet die junge Patientin heute. So ging sie wöchentlich zur Physio- und Ergotherapie sowie ein bis zweimal jährlich zur stationären Behandlung in die Rheumaklinik St. Josef-Stift in Sendenhorst. Das klingt nach einer harten Kindheit und Jugend, doch Carlotta Wolke sieht darin heute vor allem das Positive. „Für mich war das Krankenhaus wie ein Ferienlager, mit dem wir Zooausflüge machten, ins Schwimmbad gingen oder im Park zelten waren“, erzählt sie. „Es ist eine tolle Klinik, und ich habe dort viele Freunde kennengelernt und vor allem die gemeinsame ungeteilte Zeit mit meiner Mutter genossen.“ Auch ihr Vater sowie ihre Schwester Laura seien stets für sie da gewesen. Die enge Beziehung beziehungsweise die Rückendeckung ihrer Familie sieht Carlotta Wolke im direkten Zusammenhang mit ihrer positiven Grundhaltung. „Ich wollte als Kind und Jugendliche auch immer zu diesen netten Psychologen, habe aber nie eine psychologische Betreuung gebraucht“, lacht sie. „Sonst hatte ich dank meiner verständnisvollen Eltern aber nie das Gefühl, auf irgendetwas verzichten zu müssen.“

Natürlich musste und muss auch Carlotta Wolke krankheitsbedingt immer wieder einmal auf etwas verzichten. So wollte sie nach der Schule ursprünglich eine landwirtschaftliche Ausbildung machen, musste aufgrund der erforderlichen körperlichen Anstrengung dann jedoch auf ein Studium umsatteln. Und auch während des Studiums und zu Beginn ihrer Berufstätigkeit fiel es der jungen Frau immer wieder schwer, dauerhaft die gleiche Leistung zu bringen. „Auch wenn man therapeutisch gut betreut wird, gibt es immer wieder Zeiten, in denen man auch mal die Zähne zusammenbeißen muss“, sagt Carlotta Wolke heute. „Ich habe gegen die Schmerzen über zwei bis drei Jahre viele verschiedene Medikamente ausprobiert. Heute funktioniert meine Medikation gut. Aber das muss nicht immer so bleiben.“ Natürlich gab es in dieser Zeit des Ausprobierens immer wieder Tage, an denen sie wütend oder traurig gewesen sei. Aber dann müsse man auch wieder positiv denken! Sie rät anderen Betroffenen daher, nicht in Selbstmitleid zu versinken und unbedingt weiter zu probieren, wenn ein Mittel nicht helfe. Auch bräuchten die Medikamente immer eine gewisse Zeit lang, bis sie wirken könnten. Da dürfe man nicht ungeduldig sein und die Flinte zu schnell ins Korn werfen.

Im Alter von 24 Jahren startete Carlotta Wolke als Wirtschaftsingenieurin ihre Berufstätigkeit in der farmsaat AG, einer Unternehmensgruppe, die ursprünglich von ihrem Vater gegründet worden war und Saatgut für die Landwirtschaft züchtet und vertreibt. „Ich kannte daher immer auch die Arbeitgeberseite“, erzählt die junge Frau. „Ich wollte etwas leisten, das Unternehmen weiterbringen. Meine Erkrankung stand nie im Vordergrund.“ Ihr heutiger Vorgesetzter und Geschäftsführer des Gruppenunternehmens VEPRONA GmbH Dr. Marcus Schulte in den Bäumen kann das nur bestätigen: „Carlotta Wolke zeichnet sich besonders durch ihre Motivation und Leistungsbereitschaft aus. Sie erweckt nie den Eindruck, dass ihre Erkrankung negative Auswirkungen auf ihre Aufgaben im Unternehmen hätte.“ Voraussetzung für eine Einstellung bei der VEPRONA GmbH sei immer die Persönlichkeit des Bewerbers oder der Bewerberin. „Eine Tätigkeit bei uns hängt nicht von Beeinträchtigungen dieser Art ab“, sagt Dr. Marcus Schulte in den Bäumen. „Es kommt immer darauf an, was man aus seiner Situation macht.“

Seit dem Sommer 2025 hat Carlotta Wolke in die Abteilung Business Development bei der VEPRONA GmbH gewechselt. Der interne Wechsel hatte sie sehr gefordert, da sie während der schnellen Einarbeitung auch noch ihre bisherigen Tätigkeiten erledigen musste. „Auch wenn es hart war, ich wusste, wofür ich es mache“, sagt Carlotta Wolke. „Für eine neue Herausforderung, einen Beruf, der mich erfüllt und die Chance, neue Geschäftspartner zu gewinnen, zukünftige Vertriebsmöglichkeiten und wichtige Strategien weiterzuentwickeln.“ Die Wirtschaftsingenieurin berät Landwirte und Erfasser landwirtschaftlicher Güter, vermarktet und handelt mit Soja für die Lebensmittelindustrie. Trotz ihrer 50-prozentigen Schwerbehinderung ist sie dafür etwa 30 Prozent ihres Arbeitsalltags im Außendienst tätig. „Ich fahre gerne Auto und bisher überwiegen die guten Tage, an denen ich mich diesbezüglich nicht einschränken muss.“ Den größten Teil verbringt sie im Büro. Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben dort höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische Schreibtischstühle. Auf Wunsch bekäme man auch Computertastatur und Maus im ergonomischen Format. „Meine Arbeitgeber kamen auf mich zu und fragten, ob ich zusätzlich noch etwas bräuchte, das mir den Arbeitsalltag erleichtern würde“, erzählt Carlotta Wolke. Der größte Vorteil, den die farmsaat-Gruppe biete, sei die betriebliche Kranken- und Unfallversicherung für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen „Außerdem arbeiten wir alle in Gleitzeit, und so bin ich auch flexibel, Arzt- oder Physiotermine wahrzunehmen oder auch erst später ins Büro zu kommen, wenn es mir früh morgens einmal schlecht geht.“ Auch spontan einen Homeofficetag einzulegen, sei möglich. „Zweimal jährlich habe ich feste Termine zur ambulanten Infusion bei meinem Rheumatologen, dann lege ich einfach meine geschäftlichen Termine von vornherein nicht in diesen Zeitraum“, so die junge Frau. „Und als ich zwei Fuß-Operationen hatte und eigentlich sechs Wochen krankgeschrieben worden wäre, war es mein Wunsch, während dieser Zeit aus dem Homeoffice zu arbeiten, solange ich kein Auto fahren konnte.“ Ihre Vorgesetzten, Kollegen und Kolleginnen waren alle froh, dass die Patientin nicht länger ausfiel und sie weiterhin bestmöglich unterstützte. Gleichzeitig brächten sie ihr stets Verständnis, Hilfsangebote und Rücksichtnahme entgegen. „Wenn neue Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen von meiner Krankheit erfahren, reagieren sie zunächst betroffen und zeigen Mitleid. Doch sie merken schnell, dass ich im Alltag sehr gut zurechtkomme und meine Arbeit vollwertig erfüllen kann.“

Dass Carlotta Wolke ihren Alltag so gut bestreitet, liegt nicht zuletzt auch an ihrem verständnisvollen Freund Christoph und an Tilda. Ob im Büro, bei Auswärtsterminen oder zu Hause auf dem Sofa – die 6-jährige Beaglehündin ist immer mit dabei. „Tilda ist mein absoluter Therapiehund“, lacht die junge Frau. „Sie sorgt dafür, dass ich mich regelmäßig und bei jedem Wetter bewege, auch wenn es mir mal nicht gut geht. Und wenn ich sie streichle, sind alle Sorgen und auch die Schmerzen nur noch halb so schlimm.“ Dann sei auch der Optimismus schnell wieder zurück. Denn schlimmer ginge schließlich immer.

„Ja, Rheuma ist einfach blöd, ich wünschte auch, ich hätte es nicht. Aber ich bin dankbar für das, was ich habe und was ich machen kann. Es gibt Menschen, den geht es deutlich schlechter. Schlimmer geht immer! Ich möchte anderen Rheumakranken Mut machen und sie zum positiven Denken anregen. Und ich möchte anderen Arbeitgebern zeigen, dass eine Behinderung kein K.O.-Kriterium sein sollte. Niemand möchte wegen einer Quote eingestellt werden, sondern wegen seines Könnens und seiner Kompetenz. Und die hat jeder, in unterschiedlichster Art und Weise. Und das zu verbinden, dass beide Seiten zufrieden sind, das sollte das Ziel sein.“

Carlotta Wolke

„Wir finden es lobenswert, dass sich Carlotta Wolke in keiner Weise von ihrer Diagnose Rheuma beeinträchtigen lässt. Auch wenn der eine oder andere Abwesenheitstag mehr auf der Liste steht, so zeigt Carlotta durch ihren Einsatz, dass man dieses Handicap ausgleichen kann. Aus Arbeitgebersicht ist uns eine Mitarbeiterin mit Handicap und einer überdurchschnittlichen Leistungsbereitschaft lieber als andersherum. Mit dieser Einstellung kann Carlotta anderen Betroffenen Hoffnung geben und vielleicht sogar Vorbild sein. Aus diesem Grund haben wir ihre Bewerbung für den RheumaPreis sehr gerne unterstützt.“

Dr. Marcus Schulte in den Bäumen, Geschäftsführer VEPRONA GmbH